|
|
|
Nachdenken über die bessere LösungMinisterialdirektor Berthold Frieß nimmt öffentlich Stellung Renningen | Es war nicht der Durchbruch für den Metropolexpress (MEX) nach Calw, den heuer auch wohl niemand erwartet hätte. Aber es war auch keine Belehrung des Publikums über angebliche Vorzüge einer S-Bahn nach Calw: Berthold Frieß erläuterte neutral und aufgeschlossen den Stand der Dinge in Sachen Zugverbindung Stuttgart – Calw und deren weiteren Perspektiven. Frieß, Amtschef des Landesverkehrsministeriums, war am 9. Oktober 2023 ins Haus am Rankbach in Reninngen gekommen, auf Einladung der Bürgeraktion Unsere Schwarzwaldbahn und des Arbeitskreises lokaler Klimaschutz. Rund 60 Gäste, viel mehr als die Veranstalter sich erhofft hatten, hatte Erwin Eisenhardt als Vertreter der Bürgeraktion hoch erfreut begrüßen können: „Ein Zeichen, dass unser Thema für die Anlieger immer wichtiger wird.“ Frieß zeigte die Entwicklungsziele auf, die sein Haus aufgrund der Verpflichtungen aus dem Klimaschutzgesetz anstrebe: Klimaneutralität im Verkehr, deshalb Verdoppelung von Anteil und Leistung im ÖPNV. „Die Hermann-Hesse-Bahn ist Ihr Projekt, ohne ehrenamtliche Impulse wäre das nicht so weit gekommen“, so das Lob vom Vize des Ministeriums an die Adresse der Einladenden. Die Eröffnung der Hesse-Bahn sei nach heutigem Stand zum kleinen Fahrplanwechsel im Juni 2025 vorgesehen. In der Angebotsstufe 1 solle die HHB im 30-Minuten-Takt zwischen Calw und Weil der Stadt pendeln, mit Durchbindung einiger Umläufe bis Renningen. Laut dem zwischen den Projektpartnern Kreis Calw, Verband Region Stuttgart (VRS) und Land vereinbarten Stufenplan sehe dieser den weiteren Ausbau als S-Bahn bis Calw vor. Im Endausbau solle dann die Zusatzlinie S 62 als Express-S-Bahn zwischen Calw und Stuttgart Schwabstraße im 30‘-Takt verkehren. Was die Fahrten der S 62 bis Weil der Stadt angehe, die von der Fahrplanlage her mit den schon viel früher vereinbarten Durchfahrten der HHB über Weil bis Renningen kollidieren, sagte Frieß zu, dies werde mit dem VRS nochmals betrachtet, 2024 solle es dazu eine Entscheidung geben. Der hohe Gast erklärte, die Vorzüge einer höherwertigen Verbindung – also mit dem MEX – nicht zu verkennen. Aus Sicht des Ministeriums sei dafür ein Kreuzungsbauwerk in Feuerbach – eine Brücke vom S-Bahn-Gleis auf das Ferngleis – nötig, aber sehr teuer. Eine MEX-Linie nach Calw müsse über den Hauptbahnhof Stuttgart hinaus als Durchmesserlinie weitergeführt werden (das enstpricht auch der zentralen Argumentation der Bürgeraktion). Dazu müsse auf beiden Ästen der Linie aber das Verkehrsaufkommen zum Volumen des eingesetzten Zuges passen und umgekehrt. Die beim MEX üblichen langen Züge mit Doppelstockwagen seien Richtung Calw vielleicht tendenziell überdimensioniert. Das Ministerium untersuche die Varianten S-Bahn oder MEX auf rationale Prämissen, gemeinsam mit dem Kreis Calw. Zunächst sollen die Erfahrungen mit der HHB betrachtet werden, wenn diese läuft, nicht zuletzt mit Blick auf die Fahrgastzahlen. „Lassen Sie uns nicht den zweiten Schritt vor dem ersten machen“, bat Frieß daher. Momentan sehe er keine Grundlage, über etwaige Änderungen an der Infrastruktur für die HHB zu sprechen, die für den MEX nötig werden könnten, bevor die HHB überhaupt fertiggebaut sei. Allerdings betonte er auch, dass man über der geplanten Inbetriebnahme des Bahnknotens S 21 nicht den Fokus verlieren dürfe für die regionalen Bahnstrecken und Knoten – also wie Richtung Renningen oder Calw. Die Bürgeraktion Unsere Schwarzwaldbahn hält eine etwaige Orientierung für eine S-Bahn nach Calw für nachteilig für beide Raumschaften im Altkreis Leonberg und für den Kreis Calw. Zumal der Kreis Calw längst beschlossen hat, dass die zweite Ausbaustufe dem Metropolexpress gelten müsse, nicht der S-Bahn. Aus Sicht der Bürgeraktion muss die Ausbauperspektive auf ein universelles Verkehrsmittel wie den MEX gerichtet werden, nicht auf die an eine spezielle und einseitige Infrastruktur gebundene S-Bahn mit ihrem immer unzuverlässigeren Angebot. Insbesondere sei auch die nötige Durchbindung bis Bad Liebenzell nicht per S-Bahn zu erreichen. Als möglichen jenseitigen Linienast für eine MEX-Verbindung von Calw/Bad Liebenzell über Stuttgart hinaus hat die Bürgerinitiative inzwischen den Wunsch der Stadt Kirchheim/Teck ausgemacht, die über die Neubaustrecke und den Flughafen Anschluss an eine hochwertige Linie angebunden werden will, die keine S-Bahn ist. Da könnte sich auch das Fahrgastaufkommen auf beiden Seiten entsprechen. Berthold Frieß bekundete, sich den Vorschlag gerne zu notieren.
Kommentare: |
Impressum :: Nach oben |